Die letzten Tage in Vientiane

Dienstag, 27.03.2018 // 10:59 Uhr

Nachdem wir nun eine Woche in Luang Prabang verbracht haben – prall gefüllt mit Ereignissen wie der Lao Uplands Conference sowie dem Besuch der Houay Hoi Schule – sollte es für uns wieder zurück in die laotische Hauptstadt Vientiane gehen, um dort an einigen letzten Treffen teilzunehmen. Um nach Vientiane zu kommen, gab es genau zwei Optionen: Fliegen oder eine achtstündige Fahrt mit dem Minibus durch die Berglandschaft Laosʼ über die einzige existierende Verbindungsstraße. Wir entschieden uns für die Fahrt mit dem Minibus, um mehr von der Landschaft zu sehen. Zudem erhofften wir uns ein detaillierteres Bild der infrastrukturellen Probleme des Landes, indem wir die einzige Verbindungsstrecke zwischen den beiden größten Städten des Landes sehen und erleben würden.

Abenteuerliche Bustour

Nachdem wir aus unserem Gästehaus ausgecheckt und abschließend auf dem Morgenmarkt der Stadt einige Souvenirs gekauft hatten, holte uns ein Wagen ab, der uns zum zentralen Busbahnhof von Luang Prabang bringen sollte. Von dort ging es weiter mit einem kleinen Minibus Richtung Vientiane, eingezwängt mit 15 anderen Menschen ohne viel Bewegungsfreiheit und mit auf dem Dach fragwürdig gestapelten Koffern. Was keiner von uns im Vorfeld ahnte: wie viel Adrenalin wir während der Fahrt ausschütten würden. Nach einem verhältnismäßig ruhigen Start mit gut ausgebauten Straßen sowie der Hoffnung auf ein wenig Schlaf begann schnell der holprige Teil der Reise: Berglandschaften, kaputte bis gar nicht gepflasterte Straßen, Schlaglöcher, steile Kurven und Bergpassagen mit kaum vorhandenen Sicherungen, die geradewegs in tiefe Schluchten führten. So wurde die Tour nach Vientiane zu einem echten Adrenalinkick – der eine oder andere blaue Fleck inklusive. Schnell wurde uns klar, wieso Laos derart große Transportprobleme hat, wenn dies der einzige Handelsweg zwischen den beiden größten Städten des Landes ist, der sich noch dazu in der Regenzeit regelmäßig in einen unpassierbaren Schlammpfad verwandelt. Selbst ein kleiner Erdrutsch kann zu einer vollständig blockierten Straße führen und die gesamte Verbindung stilllegen. Zusätzlich kommt es aufgrund des schlechten Zustandes der gefährlichen Strecke regelmäßig zu tödlichen Unfällen: auf dem mittleren Teil der Strecke sahen wir einen verunglückten LKW, der den Berghang heruntergestürzt war. Nach der achtstündigen Fahrt kamen wir schließlich erschöpft in Vientiane an. Im Hotel wurden wir von den beiden Studierenden, die wir am Anfang der Reise kennengelernt hatten, herzlich begrüßt.

27.03.2018

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Schwierige Kooperationen und das neue Thema Kaffeeanbau

Am nächsten Morgen stand ein Treffen mit Herrn Vilayphong Sisomvang, dem General Deputy Director des Ministry of Labour and Social Welfare des Social Welfare Departments, an, mit dem wir schon länger enger kooperieren möchten. Während des Meetings präsentierten wir unsere Anwendung und sprachen über aktuelle Probleme des Landes, neue mögliche Anwendungsfälle der App sowie eine zukünftige Kooperation. Leider war das Meeting nur kurz und brachte keine weiterführenden Ergebnisse. Unser Fazit: Auf den Großteil der Zusammenarbeit mit laotischen Instituten ist leider nur wenig Verlass, wenn man nicht dauerhaft vor Ort ist. Viele Institute möchten die volle Kontrolle über die Datensammlungen behalten und das Sammeln von Daten ungern an die Einwohner des Landes abgeben. Lieber tauschen sich Zuständige für einzelne Distrikte in WhatsApp-Gruppen aus, in denen über verschiedene Vorfälle in Form von Bildern und Texten informiert wird. Unser System wäre hingegen effizient und würde Daten detailliert und vor allem langfristig speichern. Enttäuscht und etwas irritiert über die abwehrende Reaktion fuhren wir zurück in unser Hotel.

Nach einer kurzen Pause fand ein Treffen mit Andrew Bartlett statt. Andrew ist professioneller Entwicklungshelfer. Er hat für die UN gearbeitet und sein aktuellstes Projekt nennt sich „LURAS“ („Lao Upland Rural Advisory Service“). Themen unseres Treffens waren vor allem weitere Möglichkeiten, mit dem Kommunikationsnetzwerk unserer Anwendung Laos zu unterstützen, insbesondere in Bezug auf den Kaffeeanbau. Die App könnte über die Bodenbeschaffenheit beim Anbau informieren und wäre eine Kommunikationsschnittstelle zwischen Farmern beispielsweise hinsichtlich Anbaumethoden und Kaffeepreisen. Des Weiteren fand ein detaillierter Austausch über die Struktur der laotischen Distrikte sowie die Problematik der Zusammenarbeit mit der Regierung und verschiedenen Instituten statt. Bilanz des Treffens: Wir werden auch zukünftig eng mit Andrew in Kontakt bleiben und uns über das aktuelle Thema Kaffeeanbau weitere Gedanken machen. 

27.03.2018

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Ein freier Tag und das letzte Meeting

Im Anschluss folgte ein Tag ohne festes Programm, welchen einige von uns nutzten, um mit dem Roller in die Provinz außerhalb der Stadt zu fahren und sich einen genaueren Überblick über die dortigen Begebenheiten zu verschaffen. Unerfreulicherweise machten wir auch Bekanntschaft mit korrupten Polizeibeamten, die uns nach einem Zwischenaufenthalt in ihren Räumen erst nach der Zahlung eines Bestechungsgeldes von insgesamt 90 Euro gehen ließen. Am Tag der Abreise stand das letzte Treffen mit Dr. Michael Epprecht vom CDE (Centre for Development and Environment) an, einem Institut der Universität Bern in Laos. Michael arbeitet als Data Scientist: Er wertet in seinem Institut große Datenmengen aus und kartographiert diese nach bestimmten Thematiken. Für uns ein interessanter Kontakt, da wir mit unser Anwendung natürlich beste Möglichkeiten schaffen, schnell viele Daten zu sammeln. 2016 veröffentlichte das Institut beispielsweise eine Karte mit den bestehenden Armutsverhältnissen in den einzelnen Provinzen und Distrikten.

Mit Michael und seinem Institut stehen wir schon seit Längerem in Kontakt, sodass wir uns bei jedem Besuch in Laos mit ihm treffen. Nach kurzen Status-Updates diskutierten wir über mögliche Ansätze, die gesamte Thematik der Datensammlung und Auswertung anzugehen. Auch bei diesem Gespräch wurden uns wieder die Schwerfälligkeit und Trägheit der Regierung verdeutlicht, welche unser Vorhaben beinahe unmöglich machen, solange niemand von uns dauerhaft vor Ort ist, um Kontakte zu pflegen. Das größte Problem ist nicht, eine effektive Anwendung zu entwickeln, sondern gute Verbindungen zur Regierung aufzubauen. Leider ohne greifbares Ergebnis machten wir uns auf den Weg zurück in unser Hotel, um uns auf die Rückkehr nach Deutschland vorzubereiten. Bei einer mehr als 20-stündigen Heimreise ging es über Guangzhou nach Amsterdam und schließlich zurück nach Bremen.

27.03.2018

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Fazit der Reise

Zusammengefasst war die Reise nach Laos eine großartige Erfahrung für jeden von uns. Wir konnten neue Eindrücke gewinnen und uns ein realistisches Bild über die lokalen Problematiken bilden. Infrastrukturelle Komplikationen sind immer noch eines der Hauptprobleme des Landes, aber auch neue, durch den Klimawandel bedingte Schwierigkeiten, wie beispielsweise starke Windböen und Stürme, kommen immer häufiger vor und erschweren den Laoten das Leben. Andere Herausforderungen wie etwa Heuschreckenplagen sind hingegen aktuell nicht mehr so präsent, wie uns noch vor einem Jahr erklärt wurde. Auch haben wir gelernt, dass der Kaffeeanbau sowie der starke Kontrast zwischen dem Norden und Süden des Landes momentan die bedeutendsten landwirtschaftlichen Themen sind. Zukünftig werden wir uns genauere Gedanken machen, inwieweit das Kommunikationsnetzwerk von Mobile4D das Thema Kaffeeanbau aufgreifen kann. Auch die Eindrücke der verschiedenen Provinzen, die Bildungssituation, die Armut und der laotische Lebensstandard im Kontrast zum europäischen werden uns allen noch lange in Erinnerung bleiben, ebenso wie die einzigartige Freundlichkeit und Offenheit der Menschen und die Hilfsbereitschaft untereinander. Leider konnten wir während der Reise weder Schulungen geben noch die neue Version unserer Anwendung veröffentlichen, da viele Treffen abgesagt wurden. Auch unsere Kontaktperson in der laotischen Regierung musste während unseres Aufenthaltes überraschend nach Vietnam fliegen und konnte leider keine Schulungen organisieren.

Aller Hindernisse zum Trotz haben wir das Beste aus der Reise gemacht und konnten viele neue Kontakte knüpfen sowie weitere Ideen für Anwendungsfälle sammeln. Leider mussten wir uns gegen Ende der Reise eingestehen, dass es in der aktuellen Situation im Land und mit unseren bisherigen Kontakten zur laotischen Regierung schwierig werden wird, unser Projekt zum Erfolg zu führen, solange niemand dauerhaft vor Ort ist. Einige Regierungsmitarbeiter haben sich auch in der aktuellen Situation eingerichtet und wollen an dieser nichts ändern. Aus diesem Grund machen wir uns bereits jetzt über weitere mögliche Projekte Gedanken, wie wir zukünftig auch ohne Unterstützung der Regierung den Menschen vor Ort helfen können, ohne unsere bisherige Anwendung verwerfen zu müssen.

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals von ganzem Herzen bei team neusta und der HEC GmbH bedanken, die uns diese Reise und Chance, so viele neue Eindrücke zu gewinnen, ermöglicht haben, und hoffen, dass wir einige unserer Eindrücke mit euch teilen konnten.

27.03.2018

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